Der Sound von Jeff Beck

„Sechssaitiger Krieger“1Page, Jimmy. (2023, 11. Januar). Instagram-Post. https://www.instagram.com/p/CnSqk8rDxZR/, „Salvador Dali der Gitarre“2Perry, Joe. (2023, 12. Januar). Twitter-Post. https://twitter.com/joeperry/status/1613345927065964545, „von einem anderen Planeten“3Stewart, Rod. (2023, 12. Januar). Instagram-Post. https://www.instagram.com/p/CnSvQjPt5wv/

Bei Jeff Beck ist man sich einig: „Sein Ton, seine Präsenz und vor allem seine Lautstärke haben die Gitarrenmusik in den 1960er Jahren neu definiert und Bewegungen wie Heavy Metal, Jazz-Rock und sogar Punk beeinflusst.“4Savage, B. M. (2023, 12. Januar). Jeff Beck: British guitar legend dies aged 78. BBC News. https://www.bbc.com/news/entertainment-arts-64228780 Aber was war das Einzigartige an seinem Gitarrenspiel? Im Folgenden gehen wir dem Geheimnis des legendären Jeff Beck auf den Grund.

Jeff Beck

Jeff Beck live at Commodore Ballroom Vancouver (2001)5Gibbons, Matt. https://www.flickr.com/photos/ultomatt/50140426/

Jeff Beck hat die Musikgeschichte der letzten 50 Jahre durch seinen einzigartigen und unverwechselbaren Sound mitbestimmt wie kaum ein anderer. Er hat nie große kommerzielle Erfolge gehabt wie z.B. Eric Clapton oder Jimmy Page, aber Beck gilt als ein Pionier und wichtiger Wegbereiter für viele Genre der uns heute bekannten Rockmusik. Sein Geheimnis lag dabei in der Fähigkeit, Sounds mit verschiedenen Gitarrenstilen zu kombinieren und dabei auch experimentelle Elemente wie Effektpedale und Verzerrer zu nutzen. Er selbst hat einmal gesagt: „I don’t care about the rules. In fact, if I don’t break the rules at least ten times in every song, then I’m not doing my job properly.“ 

Jeff Beck ist am 10. Januar 2023 im Alter von 78 Jahren verstorben.

I was interested in the electric guitar even before I knew the difference between electric and acoustic. The electric guitar seemed to be a totally fascinating plank of wood with knobs and switches on it. I just had to have one.

Jeff Beck

Jeff Beck: die frühen Jahre

Der am 24. Juni 1944 in Südlondon geborene Geoffrey Arnold Beck machte seine ersten Spielversuche auf einer geliehenen Gitarre, die zunächst nur 3 Saiten besaß. Er hatte keine Ahnung, was eine Elektrische Gitarre war, aber er fand schnell heraus, dass damit die Sounds erzeugt wurden, die er von den Platten von Elvis Presley, Gene Vinson und anderen Größen der 50iger Jahre kannte –  seine Leidenschaft für Sound war geboren.

Über seine Schwester lernte er Jimmy Page kennen, und so entstand ein Freundeskreis von „Nerds“, wie er selbst sagte, der ihn viel über die unterschiedlichen Gitarrenmodelle lehrte. So entwickelte Beck schon früh ein sehr ausgereiftes Verständnis für Sound, das er sein Leben lang immer weiter perfektionierte.

Revolution der Musikgeschichte

Wenn man seinen Sound genauer erforschen will, muss man sich unweigerlich sein Equipment, seine Gitarren, die Amps und all die Effektpedale anschauen. Aber letzten Endes entsteht die Magie seines Sounds durch seine Finger. Sein Gitarrenspiel umfasste vier wesentliche Komponenten: Aggressivität, Technik, Groove und Improvisation. 

Aggressivität

Besonders in seinen frühen Jahren bei den Yardbirds und als Sessionmusiker war der Sound von Jeff Beck geprägt von einer besonderen Aggressivität und Härte, was maßgeblich durch den Einsatz eines Tone Benders, ein Transistor-Fuzz6Heinz, Haiko. (2022, 11. August). Die Geschichte des Fuzz-Pedals. bonedo. https://www.bonedo.de/artikel/die-geschichte-des-fuzz-pedals/ bestimmt wurde. Er war einer der ersten Gitarristen, die überhaupt mit zusätzlichen Effekten experimentierte. In einer Zeit, in der überwiegend clean gespielte Gitarren genutzt wurden, setzte Jeff Beck auf einen härteren Ansatz, der auch die Gesamtlautstärke erheblich nach oben trieb. Sein Leben lang, blieb die Verzerrung und das Spiel mit den unterschiedlichen Nuancen der Volumenregelung ein essenzielles Tool seines Sounds.

Technik

Jeff Becks dynamisches Gitarrenspiel war geprägt von atemberaubend präzisen Bendings, einer herausragenden Technik des Vibrato mit perfekter Intonation, gefühlvollen Fades mit dem Volume-Poti, sowie der inflationäre Einsatz von Flagoletttönen.7vgl. Rock-Legende Jeff Beck überraschend verstorben. (2023, 20. Januar). GITARRE & BASShttps://www.gitarrebass.de/stories/rock-legende-jeff-beck-ueberraschend-verstorben/

Während er in den 1970er Jahren hauptsächlich eine Gibson Les Paul-Gitarre spielte, entdeckte er in den 1980ern die Fender Stratocaster – auch „Strat“ genannt – für sich. Damit verbunden war auch seine Abkehr vom Spiel mit dem Plektrum. In der Folge perfektionierte er das Gitarrenspiel mit den Fingern, bei dem er maßgeblich seinen Daumen für das Anschlagen der Saiten, den Ringfinger für die Bedienung des Volume-Potis und den kleinen Finger für den Tremolohebel einsetzte.

The Strat covers the complete spectrum of human emotion .. the tremolo enables you to do anything – you can hit any note known to mankind.

Jeff Beck

Groove

Ein weiteres Markenzeichen war sein Fokus auf den Groove, das ihn abgrenzte zu vielen seiner Kollegen, die sich eher auf eine solistische Melodieführung konzentrierten. Er war ein Meister darin, dynamisch mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten. Dadurch hat er den musikalischen Dialog neu definiert und eine neue Ära der Kunst am Instrument begründet.

Improvisation

Obwohl Jeff Beck überwiegend in Standardtonarten improvisierte, versuchte er immer wieder Neues zu entdecken, indem er stilbetonte Experimente machte – hierbei bediente er sich unterschiedlicher Skalentypen. Beck verband zumeist die Blues Skala mit der mixolydischen Skala zuzüglich einer großen Septime, was die sogenannte Bebop Skala ergibt.8vgl. Altersberger, J. J. Distorted Sound. Die Verstärkung der elektrischen Gitarre und ihre Spielweisen in der instrumentalen Rockmusik. Abruf über https://static.uni-graz.at/fileadmin/_Persoenliche_Webseite/jauk_werner/docs/publ-altersberger.pdf

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Jeff Becks Instrumente und Equipment

Gitarren

Jeff Beck hat in den fast 60 Jahren seines musikalischen Wirkens viele unterschiedliche Gitarren gespielt. Er begann mit einer 1954 Fender Esquire Telecaster9https://www.youtube.com/watch?v=IBhqcI1EFu8 bei den Yardbirds.

In den Jahren, in denen er sich dem Jazz-Rock widmete, spielte er vornehmlich auf einer Gibson Les Paul. Auf seinem Album „Crazy Legs“ nutzte Beck eine Gretsch Duo-Jet für die Rockabilly Sounds. Aber schließlich wurde die Fender Stratocaster zu seinem „perfekten“ Instrument und Markenzeichen. Fender entwickelte eine Jeff Beck Signature Gitarre, die zu seinem Hauptinstrument wurde. 

Das verbaute Fender Vintage Vibrato ermöglichte ihm seine Gitarre auf unbeschreibliche Weise singen zu lassen. Um die Stimmstabilität zu erhöhen, verwendete er Locking Mechaniken.

Pro-Wissen 

aus dem Buch von „How To Make Your Electric Guitar Play Great”10Erlewine, D. (2012). How to Make Your Electric Guitar Play Great! Adfo Books.

MeasurementDimensions
Neck Scale25 1/2 ” (648 mm)
Neck RadiusCompound radius: 9 12″ (241 mm) at nut to 12″ (305 mm) at end of fretboard
Bridge Saddle RadiusBetween 12″ (305 mm) and 14′ (356 mm)
Fret Size.098′ X .050″ (2.47 mm X 1.26 mm)
Strings1989: Ernie Ball 9s (9, 11, 16, 26, 36, 46) 2011: Ernie Ball 10s (10, 13, 17, 26, 38, 48) sometimes increasing string guage to 11s
Neck Relief1989: Straight to .006″ relief
NutWilkinson 1st generation nut (slanted on bass side) Nut height set up so that with the strings pressed at the 2nd fret there is just enough clearance over the 1st fret to see daylight (.11″ bass side & .006′ treble side).
Neck Action in 1989At 12th fret – 1/16″ (1.6 mm) bass side 3/64″ (1.2 mm) treble side
Neck Action in 2000At 15th fret – 1/16″ (1.6 mm) bass side 1/16″ (1.6 mm) treble side
Pole Pie HeightThe pole piece heights for the neck, middle, and bridge pickups were all “touching*” (see below) on the bass side and 3/64″ (1.2 mm).

* With the strings off the guitar, Dan laid his straightedge on the frets and then measured the clearance between the straightedge and the polepieces. I don’t really see how this makes the pole piece measurements useful.

Verstärker

Jeff hat immer Marshall und Fender Tweed Amps favorisiert. Einer seiner bevorzugten Amps war ein Marshall DSL100H 100W kombiniert mit einem Marshall 1960B Cabinet.

Shon Hartman, Jeff Becks Monitor Engineer der letzten Dekade, gab interessante Einblicke in das Bühnensetting seiner Liveshows. 

„Beck uses three Marshall cabinets to amplify his guitar, one facing downstage and two facing upstage. The majority of the time, the downstage-facing Marshall is not on, and if it is, it provides just a little bit of fill for Jeff.

One of the upstage-facing amps is used to create an ambient guitar sound, while the other serves as the primary amp, miked with an AKG C 414 and a Shure SM57. This signal is fed at a very high level to the side fills.

It’s an extremely loud stage. A powerful stage. Jeff is moving a lot. I’m giving him a level where it’s slamming out there, but with this rather unusual side fill solution, he can walk in and out of the defined coverage areas to get sustain. He does have the guitar rig behind him for a taste of his guitar, but he mostly prefers the side fills to get the right blend.“11Abelson, D. (2020, 23. April). Creative From Conventional: A Unique Stage Sound Approach For Jeff Beck – Page 2 of 2. ProSoundWebhttps://www.prosoundweb.com/creative-from-conventional-a-unique-stage-sound-approach-for-jeff-beck/2/

Effekte

Jeff Beck war nie für den inflationären Einsatz von Effektpedalen bekannt, dafür aber für seine Experimentierfreude. Hier eine kleine, nicht vollständige, Auflistung seiner Pedale:

  • Tone Bender
  • Klon Centaur
  • Pro Co The Rat
  • MXR M169 Carbon Copy
  • Boss BF-2 Flanger

Eine genaue Auflistung seines Equipments findet sich auf: https://equipboard.com/ 

Fazit

Es ist also gar nicht so trivial den Sound von Jeff Beck zu erforschen, weil es sehr viele Komponenten zu betrachten gibt. Ein wesentlicher Teil seines Gitarrenspiels war aber ausgehend von seinen motorischen Fähigkeiten und seinem Verständnis für die Einflussfaktoren, die letztlich den Sound entstehen lassen.

Schließen möchte ich mit einem weiteren Zitat von Jeff Beck: „Emotion is much more important than making mistakes, so be prepared to look like a chump. If you become too guarded and too processed, the music loses its spontaneity and good feeling“

Jeff Beck’s Guitar Style | ausführlicher Blogbeitrag

Jeff Beck at Guitar Center | Interview zu den Anfängen

Interview mit seinem Monitor Engineer Shon Hartman

Interview mit seinem Guitar Tech

Wenn du deinen eigenen Herzens-Sound entdecken willst, empfehle ich dir unseren Kurs von Hanno Busch – Finde deinen Sound.

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Quellenverzeichnis